Wer ist die Dame am Rastatter Rathaus?
Schutz durch die Badenia seit 1901

Bildhauer Hans Jucker schuf die Skulptur
Abertausende von Passanten haben sie im Vorbeigehen unbewusst gesehen, die Buntsandsteinskulptur. Aber kaum einer hat sich wohl je einen Gedanken darüber gemacht, um wen es da oben an der Rückseite des historischen Rathauses handelt. Dort findet sich hinter einem Taubenschutzgitter in einer Nische, einer griechischen Göttin neben einem Altarstein gleich, eine schlanke Gestalt. Ihr fehlen Finger der rechten Hand, sieht man genauer hin.
„Salve 1901“ auf einem Schild zu Füßen der weiblichen Gestalt, weist grüßend auf das Entstehungsjahr hin. Ab 1899 wurde der Rathausanbau aus Barocken Zeiten abgerissen, worin sich auch ein Rastatter Gefängnis befand. Den Bedürfnissen der Zeit folgte, wie man heute an den anderen Steinen erkennen kann, ein Rathausanbau mit gelbbräunlichen Buntsandsteinen. Auf die Spur des Bildhauers der Plastik führen die beiden Granittafeln beiderseits des Rathauses. Sie wurden von Hans Jucker (1868–1922) mit den Namen der Bürgermeister bis 1900 gefertigt und später von anderen Steinmetzen weitergeführt.
Jucker muss es auch gewesen sein, der die Frauenskulptur an der Außenseite des Rathaussaals schuf. Der klare Hinweis darauf ist die kauzige Fratze, einem bekränzten Faun gleich, ganz in Manier von Hans Jucker. Diese findet sich im oberen Teil der Nische So hat er auch seine Familie an der Fassade seines Wohnhauses in der Karlsruher Straße neben dem Bahnhof verewigt. Markant sind die großen, offenen Augen.
Sucht man nun eine Begründung für die Frauengestalt am Rathaus, so kommt man ihr unter anderem mit einer Bronzemedaille von 1842 auf die Spur. Diese war Adam von Itzstein gewidmet. Der war von 1842 bis 1846 der politische Vertreter im badischen Parlament für den Ämterwahlbezirk Rastatt-Ettlingen. Dem „Vertreter der Volksrechte“ ist die Erinnerungsmedaille gewidmet und zeigt auf der Rückseite eine Frauengestalt. Dabei handelt sich um die Badenia, die Schutzgöttin Badens, allerdings auf der Itzstein-Medaille mit einem Schild. Dafür findet sich aber, wie am Rastatter Rathaus, ein Altarstein.
Damit kann man davon ausgehen, dass man 1901 bei der Erweiterung des Rastatter Rathauses die Badenia für den Schutz des Gebäudes und als guten Geist für die Stadträte bis heute mit Blick auf den Paradeplatz verewigt hat.
Rastatt im Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren
Roter Kreuz-Emblem auf Festungslazarett
Acht Lazarette für die Kriegsopfer

Wenn nun überall von einem friedlichen Weihnachtsfest und den besten Wünschen für 2017 die Rede ist, darf nicht vergessen werden: Vor 100 Jahren war Rastatt von den Ereignissen des Ersten Weltkriegs betroffen. Soldaten der Traditionsregimenter Nr. 30 (Artilleristen) und Nr. 40 (Hohenzollernfüsiliere) mussten erhebliche Opfer im Kampf gegen die titulierte „Entente“ mit Frankreich und anderen Kriegsgegnern zu verzeichnen. Nach der Ausstellungsflut von 2014 zum großen Völkermorden ist es nun ruhiger geworden.
Erinnert werden soll daran, dass Rastatt ein wichtiger Lazarettort währen des Ersten Weltkriegs auch an der Jahreswende 1916/17 war. Albert Neininger berichtet in seiner Chronik zur Rastatter Militärgeschichte von 15 000 Soldaten, die in Rastatt für die Kämpfe in Frankreich bereit standen. Neben den Ausbildungsplätzen für aktivierte Reservisten gab es acht Lazarette in Rastatt. Stempel auf versandten Ansichtspostkarten zeugen noch heute davon.
Verwundete aus den seit September 1914 andauernden Kämpfen waren in der ehemaligen Rastatter Barockresidenz, der Fruchthalle, der Hansjakob-Schule, der Mädchenschule (heute Platz der Badner Halle), des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums, des heutigen Bildungshauses St. Bernhard und der späteren Kaserne Joffré im Dörfel untergebracht. Neininger berichtet von 44478 Verwundeten, darunter auch viele gefangene Franzosen, die in der Stadt an der Murg betreut wurden.
Allerdings der Hauptverbandsplatz war das Garnisonslazarett aus Festungszeiten im „Dörfel“ der Ludwigsvorstadt. Dass es vor über 100 Jahren die Vorsorge wegen Luftangriffen der eben aufgekommenen Flugzeuge gab, das belegt eine seltene Ansichtspostkarte. Mit dem Stempel des „Reservelazarett I – Garnisons-Lazarett“ ging diese nach Bermbach. Unverkennbar auf dem Dach des großen Gebäudes ein gemaltes Rote Kreuz-Symbol.
Dazu findet sich im Rastatter Stadtarchiv ein Schreiben vom 30. März 1915 an den Gemeinderat, unterzeichnet vom Direktor des Reservelazaretts. Nach „Befehl“ des Roten Kreuzes in Genf sollen auf Reserve-Lazarett-Gebäuden Symbole auf den Dächern aufgemalt werden, dass sie einen Schutz vor Luftangriffen darstellten.
Die Markierungen sollten in haltbarer Ölfarbe aufgebracht werden, wie es in Karlsruhe schon geschehen sei. Neben dem Start im Garnisonslazarett sollten auch die weiteren Krankenversorgungseinrich-tungen gekennzeichnet werden. Mit der Perspektive nach dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzung, wurde auch im Scheiben an den Gemeinderat der Stadt Rastatt gedacht: „Die Wiederherstellung in den früheren Zustand erfolgt nach der Demobilmachung auf Kosten der Militär-Verwaltung.“ Noch fast zwei Jahre sollten bei dem großen Völkerkrieg folgen und manches Kriegsopfer war zu versorgen. Allerdings verfehlte die Markierung der Lazarettdächer damals ihre Wirkung nicht.
Bild: Während des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren wurden schon die Dächer der Rastatter Lazarette, hier das Garnisonslazarett im Dörfel, mit dem Rote Kreuz-Symbol wegen befürchteter Bombenangriffe markiert.
Bild und Text R.Wollenschneider
6.01.2014
Rastatter Neujahresgrüße im Miniformat
Wenn heute die Grüße zum Jahreswechsel in erster Linie über die sozialen Medien gehen, war gestern etwas anderes angesagt. Beliebt war das Versenden von Ansichtspostkarten mit den „besten Wünschen zum Jahreswechsel“. Dabei findet sich zur Freude von Postkartensammlern in Rastatt etwas Besonderes.
Bereits um 1910 wurden Ansichtspostkarten im Miniformat versandt. Im Format 14 x 6 Zentimeter wählte man für die Neujahresgrüße die Motive der Rastatter Barockresidenz und den Blick auf die Stadtkirche St. Alexander. Damals genügte ein Porto von drei Pfennig, dass das ungewöhnliche Format versandt wurde.
Belegbar nahm man vor 1928 die Tradition in Rastatt wieder auf und versandte Glückwünsche zum neuen Jahr im Miniformat. Die Briefmarke mit dem Portrait des Reichpräsidenten Friedrich Ebert belegt, dass noch immer ein Porto von 3 Pfennig für den Versand durch die Reichspost genügte.

