Der Westwallbunker an der Kehlerstraße
Nicht der Größte, aber der Meistgebaute und unzerstört. Mit meterdicken Mauern und zentnerschweren Eisentüren, geduckt in einer Erdmulde. So präsentiert sich einer der letzten intakten Westwallbunker. Hier bei uns in Rastatt. Der so ganz anders ist als die Bunker der französischen Maginotlinie in ihren gewaltigen Ausmaßen. Nein, dieser Regelbau 10 war mehr ein befestigter Schutzraum. Er sollte bei Granatfeuer den Soldaten eine sichere Zuflucht bieten. Auf engstem Raume mussten 15 Soldaten versuchen sich zu verteidigen und zu überleben.
An den Eingängen eingebaute Gasschleusen engten den vorhandenen Lebensraum noch mehr ein. Man muß es gesehen haben, um zu begreifen, dass dieser Bunker nur bedingt Sicherheit versprach. Von der Propaganda des 3. Reiches als unbezwingbar hochgelobt, war der Westwall zu Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr zu verteidigen. Von den Franzosen übernommen, diente er nach dem Kriege u.a. als Gefängnis. Dadurch entkam er der obligaten Sprengung und vermüllte später zusehends. Als die Franzosen abzogen, wurde der Historische Verein auf ihn aufmerksam und restaurierte ihn.
Jetzt kann man ihn besuchen und einen Einblick in eine Zeit bekommen, die auch zur deutschen Geschichte gehört.
Dieter Wolf
Historischer Verein Rastatt 8.8.2014

Beschreibung
Der Bunker selbst war durch zwei Stahltüren (1) gesichert, über die man in eine rechte und eine linke Gasschleuse (2) gelangte. Die Eingänge wurden durch eine Eingangsverteidigung (3) gesichert. Hinter dieser mit „Abtreppung“ versehenen Scharte verbarg sich ein Maschinengewehr. Im Gruppenraum (4), hinter der Eingangsverteidigung, war eine Stahlschartenplatte (5) mit den Maßen 140 x 75 x 3 cm eingebaut.
Von der Gasschleuse konnte über sogenannte Gasschutztüren der Gruppenraum betreten werden. Türen und Scharte konnten gasdicht verschlossen werden, über Filteranlagen wurde die Luftversorgung aufrecht erhalten.
War ein Verlassen über die beiden Eingangstüren nicht mehr möglich, so stand der Besatzung ein Notausgang (6) zur Verfügung.
Um in den angehängten Kampfraum (7) zu gelangen, musste der Bunker verlassen werden. Einzige Verbindung zwischen Mannschafts- und Kampfraum bestand durch ein Sprachrohr (8). Der Kampfraum selbst hatte keinen Gasschutz.
Als Bewaffnung waren MG 08 oder MG 34, die sich auf einer Lafette befanden, eingesetzt.
Text und Zeichnung: T.E.
Der Regelbau 10
Infolge der „Sudeten-Krise“ im Mai 1938 nahm der Bau der westlichen Verteidigungsanlagen eine dramatische Wendung, als Hitler die Befestigungen gegenüber Frankreich befahl.
Zuvor, selbst von der Wehrmacht organisiert und mit dem Bau von ausgewählten zivilen Baufirmen beauftragt, mussten diese sehr komplexe Bunker bauen.
Mit der Übernahme der Durchführung durch die Organisation Todt (OT) entwarfen die Festungspioniere eine neue Serie von wesentlich einfacheren „Regelbauten“, um die geforderte hohe Zahl an Bauten bewerkstelligen zu können und damit auch von weniger erfahrenen Baufirmen schneller gebaut werden konnten.
Die bisherigen Wandstärken erhöhte man von 30 und 60 cm auf 1,5 m Stahlbeton (Baustärke „B alt“), die benötigten Materialien und Bauausführungen wurden noch stärker als bisher typisiert, um diese somit besser in Massenproduktion herstellen zu können.
Dieses neue Bauprogramm erhielt den Namen „Limesbauprogramm“.
Im Rahmen dieses Bauprogramms entstand der Regelbau 10, welcher schließlich nicht mehr als reiner Unterstand gebaut werden durfte, worauf die Festungspioniere einen sogenannten „angehängten Kampfraum“ entwarfen, in welchem hinter einer ungepanzerten Scharte ein MG aufgestellt werden konnte. Die Bezeichnung lautete: Regelbau 10 mit angehängtem Kampfraum
Der „R10“ war mit insgesamt 3471 Stück der meist gebaute Regelbau des Westwalls.
Insgesamt war der Bunker für 15 Mann konzipiert und hatte ein Betonvolumen von 287 cbm.
Rastatter Westwallbunker stößt auf internationales Interesse
Über mangelnden Besuch kann sich der Historische Verein Rastatt nicht beklagen, wenn an bestimmten Tagen der Westwallbunker an der L75 (B36) Richtung Iffezheim geöffnet ist. Jetzt wurde auch internationales Interesse für das Betonbauwerk bekundet, dessen militärische Nutzung auch für die Sinnlosigkeit des Krieges steht. Zwar war der Rastatter Bunker so gut wie nie besetzt, aber im Ernstfall hätten 15 Mann auf engstem Raum miteinander auskommen müssen.

Der bekannte Autor Sebastien Hervouet war aus dem französischen Nantes angereist, um sich von Mitgliedern des Historischen Vereins durch die Anlage führen zu lassen. Als Dolmetscher fungierte der Elsässer Jean-Louis Hermann. Hintergrund des Besuchs ist ein Beitrag über das Regelwerk 10, der in einem Band 2016 erscheinen wird, in dem europäische Museen dokumentiert werden. Der nächste von über einem Dutzend erschienenen wird sich Museen und Militärmuseen zum Zweiten Weltkrieg widmen.
Sebastien Hervouet ist Chefautor der Reihe und arbeitet eng mit dem großen Militärmuseum in Paris zusammen. Er hat in Europa in den letzten Jahren hunderte von Museen zum Ersten und Zweiten Weltkrieg besucht. Es war ihm anzumerken, dass er vom ausgezeichneten Zustand des Rastatter Regelbaus überrascht war, zumal, es sich um den einzigen dieses Typs in Baden-Württemberg handelt, der nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gesprengt wurde. Zu verdanken ist dieses dem Umstand, dass der Westwallbunker ein Teil der damaligen französischen Kaserne „Turkenlouis“ war.
Der Autor Hervouet beglückwünschte zunächst den Historischen Verein zu den Exponaten, die im ehemaligen Wachhaus zusammengetragen worden sind. Am Bunker selbst zeigte er sich von den Originalme-tallteilen vor den Bunkeröffnungen angetan, die meistens bei anderen Regelbauten, so im Saarland, verschwunden sind.
Sichtlich fasziniert war Sebastien Hervouet vom Innern des Bunkers, wie er ihn bei seinen Erkundungen noch nie gesehen hatte. Da finden sich noch originale Inschriften an den Wänden, wie am Ofen: „Kein Rauch bei Tag oder an hellen Nächten“, „Kein Licht bei offener Scharte“ oder „Notausgang“.
Alles wurde vom Autor für Europa-Museumsführer schriftlich oder bildlich festgehalten. Es gab eine besondere Diskussion zu den beiden vorhandenen Wandzeichnungen im Bunker, die Schwarzwaldlandschaften zeigen. Der Meinung von Karl Schweizer vom Historischen Verein, Franzosen hätten die Arbeiten angefertigt, als der Raum als Bar genutzt wurde, stand die deutsche Provenienz gegenüber.
Jedenfalls darf man nun gespannt sein, welche Würdigung der Regelbau 10 im europäischen Museumsführer erfahren wird.


Foto: Wollenschneider 27.08.15
Tag des Offenen Denkmals
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz koordiniert seit 1993 den Tag des offenen Denkmals® bundesweit. Wir laden wie in den vergangenen Jahren alle Denkmaleigentümer, Vereine, Verbände, Initiativen, Denkmalbehörden und Kirchen ein, sich mit eigenen Veranstaltungen am Tag des offenen Denkmals® zu beteiligen.
Auch der Historische Verein Rastatt beteiligt sich jedes Jahr und bietet an diesem Tag kostenlose Führungen durch den Westwallbunker an. Hier einige Eindrücke. Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt.