Bei herrlichem Frühlingswetter und trotz mannigfacher Veranstaltungen am Sonntag, der außerdem
Muttertag war, konnte sich der Historische Verein Rastatt über regen Zuspruch freuen.
„60 Jahre Elyséevertrag“ war das Motto, das zum Besuch des Westwallbunkers einlud und diesen als
Friedensbunker in das Blickfeld rücken will. Zu der deutsch-französischen Gesprächsrunde hatten
sich einige Gäste eingefunden.
Zum Beispiel das Ehepaar Camboni, das sich infolge eines deutsch-französischen Lehreraustausch kennengelernt hat. Marlies Camboni war Schulleiterin in Iffezheim und setzte sich u.a. für den Französischunterricht an badischen Grundschulen ein. Zusammen mit ihrem französischen Ehemann Robert hat sie in Rastatt und Umgebung viele Freundschaften geschlossen, nicht zuletzt über den von 1966 bis 2004 bestehenden Cercle Franco-Allemand.

Aber auch ehemalige Soldaten der ca. 5000 Mann starken französischen Stationierungsstreitkräfte hatten
viel zu erzählen. Philipp aus Bordeaux hat beim Fernmelderegiment 42, also just auf dem Gelände
des Bunkers, gedient und lebt seit 42 Jahren in Deutschland; seine Frau, eine Rastatterin, lernte er
im französischen Bouleclub kennen.
Christine lernte ihren Mann, der ebenfalls bei den Fernmeldern und in der Kaserne „Türkenlouis“ stationiert war, in einer Diskothek in der Kapellenstrasse kennen; ihr Hochzeitsbild zeigt die Braut und den Bräutigam in französischer Uniform. Jean-Louis aus dem elsässischen Val de Viller war in der Joffre-Kaserne als Zivilbediensteter für Panzergläser zuständig und kommt noch immer regelmäßig nach Rastatt, um Freunde und seine früheren Vermieter zu besuchen.
Auch manche Anekdote war zu hören. Aus purer Langeweile brachten die Fernmelder
einmal die Rastatter Post in Verwirrung, weil sie Funkkontakt mit Japan aufnahmen und alle
Leitungen blockierten. Und Philippe erinnert sich, dass er auf dem Canrobert-Gelände zehn Jahre
lang im Stabsgebäude seinen Dienstplatz hatte – genau da, wo später eine 500-Kilo-Bombe
gefunden wurde!











Alle – auch diejenigen, die nicht persönlich kommen konnten – betonen die schöne Zeit, die sie in Rastatt verlebt haben. Ein französischer Verkehrspolizist hat sogar einmal von der – berechtigten – Strafverfolgung eines Verkehrssünders abgesehen, als er das Rastatter Kennzeichen erkannte!
So kamen einige Geschichten zutage, die zeigen, dass von der einstigen „Erbfeindschaft“ nichts zu spüren ist und der Elyséevertrag gegriffen hat. Mit dem Kollegen Marc Halter vom Maginot-Werk Schoenenburg kam es dann noch zum regen fachlichen Austausch, er zeigte sich begeistert von der Rastatter Bunkeranlage. Allgemein begrüßte man den Plan des Historischen Vereins, den Regimentsstein der 42er zu restaurieren und auf dem noch vorhandenen Fahnenmast gelegentlich die deutsche und französische Fahne aufzuziehen.
Denn das gehört zu den Kernaufgaben des Vereins: Denkmäler in Rastatt erhalten, ihre Geschichten bewahren und darüber die „große“ Geschichte kennen und verstehen.
Dr.Irmgard Stamm
Rastatt, 14.5.2023
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