vom stolzen Traditionsunternehmen zur öden Industriebrache.
Vortrag von Kurt Pottiez am 30.11.2022 in der Aula der Karlschule

„Wenn Pottiez spricht, dann kann man nicht in den Nebenraum einer Gaststätte gehen, die würde vom Besucherandrang gesprengt.“ Das lehrt die Erfahrung, deshalb luden der Dörflerverein – denn das DIANA-Werk gehört zum Dörfel – und der Historische Verein in die Aula der Karlschule ein. Die war denn auch gut gefüllt, als Kurt Pottiez über die Geschichte „seiner“ Firma referierte und dazu zahlreiche Bilder präsentierte.
Einst langjähriger Mitarbeiter des DIANA-Werks, kennt Pottiez wie kein Anderer die Geschicke des Unternehmens. Generationen von Rastattern haben hier ihr Brot verdient, in den „goldenen“ 1950er Jahren waren ca 500 Arbeiter im Werk beschäftigt und so fanden sich im Publikum viele ehemalige „Dianaler“ und auch Nachfahren der Familien Mayer und Frey.
1890 von Jakob Mayer und Josef Grammelspacher (+1897) auf dem Gelände der Obermühle am Oosbach gegründet (an die Müllerfamilie Trautmann erinnert ein Stein im Sockel) war die Firma vor allem 1925 durch Neubauten und in den 1960ern durch weitere Zukäufe stetig gewachsen. Produkte waren zunächst Küchengeräte, später Luftgewehre und Eureka-Spielwaren. Ab 1905 firmierte das Werk mit dem Logo der Jagdgöttin Diana, die präzise und schön gearbeiteten Gewehre wurden exportiert und genossen Weltruf. In der Besatzungszeit nach 1945 überstand man das Verbot der Waffenproduktion mit der Herstellung von u.a. Hufnägeln und Griffelkästen, wovon Kurt Pottiez einige Exemplare zeigte – aber auch Eureka-Pistolen, die seit den 1950er Jahren beliebtes Jungenspielzeug und in jedem Laden käuflich waren, hatte der Referent dabei.
Vor allem infolge des Waffengesetzes von 1970 sank die Produktion und nach einigem Auf und Ab wurde die Firma im 125. Jahr ihres Bestehens 2014 geschlossen. Seither stehen die Hallen leer, Teile des Geländes wurden nach und nach an die Supermarktkette Aldi verkauft und Bauten abgerissen, darunter die Villa „Wein-Müller“ und die Härtemittelfabrik Behringer.
Man merkt Pottiez den Kummer an: wo einst gestanzt, gefräst, gedreht, lackiert und montiert wurde, wächst heute Unkraut. Selbst das Plakat mit der Projekt-Ankündigung „Baukultur“(!) liegt verknüllt am Boden. Zwischen den Bodenplatten grünt es, die Hecke – früher vom Hausmeister sorgsam gepflegt – wuchert, die Wände sind beschmiert mit der stadtüblichen Graffiti. Erste Risse zeigen sich im Mauerwerk, Fensterscheiben wurden eingeworfen, ja sogar ganze Fenster sind ausgebaut und man fragt sich, wie jemand in die abgesperrten Gebäude hineingelangt. Seit 2017 gibt es ein Konzept der Wohnbebauung, das zwei denkmalgeschützte Fabrikblöcke integriert und sogar den Schriftzug „Dianawerk“ erhalten soll. Doch seither ist nichts geschehen, das Firmengelände gammelt vor sich hin. Wenigstens ist die Villa bewohnt, die sich der Firmengründer Jakob Mayer 1907 -wie damals üblich neben seiner Fabrik – bauen ließ. Bleibt zu hoffen, dass der Bebauungsplan für das Werksgelände in naher Zukunft verwirklicht wird.
Globalisierung zum Anschauen:
Fabriken werden geschlossen und in Wohnungen umgewandelt, deren Bewohner per Mausklick Waren bestellen -oder nebenan bei ALDI kaufen-, die aus weitentfernten Billigländern stammen.
Ist das unsere Zukunft?
Rastatt, 1.12.2022 Dr.Irmgard Stamm


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